Das TiB beschäftigt sich in dieser Produktion mit dem familiären Unbehagen und setzt eine österreichische Familie ins Zentrum. Wir betrachten sie von zwei Seiten: Im ersten Teil des Abends können die Zuschauer*innen miterleben, wie das Ensemble das Hörspiel HERBSTFEST AUF DEM LANDE aufzeichnet, das im zweiten Teil als Soundgrundlage für eine choreographische Arbeit dient, die ganz ohne Worte auskommt.
Das TiB gehört einer Generation an, in deren Kindheit zumeist das Rollenverständnis von „Vater, Mutter, Kind“ noch unhinterfragt gelebt wurde. So reflektiert die Produktion das patriarchale Verständnis von Familie in der Wohlstandsgesellschaft, in der der Vater das uneingeschränkte Familienoberhaupt ist, der mit starker Hand – oft durchaus im Wortsinn – herrschte.
Der Vater kommt in HERBSTFEST AUF DEM LANDE allerdings nicht zu Wort. Vielmehr wird die Geschichte von vier Geschwistern dargestellt, die den 80. Geburtstag des Vaters organisieren und dafür eine WhatsApp-Gruppe gründen. Im Zuge der Vorbereitungen treten Dinge aus der Vergangenheit zu Tage, die von Verletzungen erzählen; und die eigentlich in der offiziellen Geschichtsschreibung der Familie nicht vorkommen. Der Text nimmt sich neben der stilistischen Untersuchung von WhatsApp-Nachrichten erzählerische Anleihen bei Adalbert Stifters Naturbeschreibungen ebenso wie bei seinem konservativen, restaurativen Familienbild. Das Biedermeier ist zurück –war es jemals wirklich überwunden?
HERBSTFEST AUF DEM LANDE erzählt von großer Verbundenheit bei gleichzeitig großer innerer Distanz. Oder umgekehrt. Und wie wir uns in der Familie in unserer existentiellen Einsamkeit gegenseitig beschützen können.
Es spielen Jacob Banigan, Juliette Eröd, Gabriela Hiti, Lorenz Kabas, Frans Poelstra,
Martina Zinner
Regie und Konzept: Frans Poelstra, Monika Klengel
Text: Monika Klengel und Ensemble
Ausstattung: Helene Thümmel
Sounddesign und Technik: Moke Rudolf-Klengel
Lichtdesign: Martin Schneebacher
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